Rechtsextremistische Straftaten werden selten geahndet

Veröffentlicht am:

Artkel teilen:

Baden-Baden (ots) – Umfrage der ARD ergibt deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern / ARD-Dokumentation „Der schwache Staat“, 6. April 2020, 22:45 Uhr im Ersten

Die strafrechtliche Verfolgung von rechtsextremistisch motivierten Straftaten durch Polizei und Justiz wird nur selten geahndet: Tausende Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte führten nur in einem Bruchteil der Fälle zu einer Verurteilung. Das zeigen gemeinsame Recherchen von SWR und BR für die ARD-Dokumentation „Der schwache Staat – Wenn Polizei und Justiz es Rechtsextremisten leicht machen“, zu sehen am Montag, 6. April 2020 um 22:45 Uhr im Ersten.

SWR und BR hatten bei allen Landesregierungen abgefragt, wie oft Asylbewerberunterkünfte das Ziel von Übergriffen waren und in wie vielen Fällen es zu Verurteilungen kam. Die Innenministerien meldeten für die Jahre zwischen 2015 und 2018 insgesamt 2.558 politisch motivierte Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte, von Hakenkreuz-Schmierereien bis hin zu schweren Sprengstoff- und Brandanschlägen. Von diesen 2.558 Fällen wurden allerdings nur 467 polizeilich aufgeklärt. Das heißt, die Polizei konnte in 18,2 Prozent der Fälle einen oder mehrere Täter ermitteln.

SWR/BR-Recherchen: Unter zehn Prozent der Fälle enden mit Verurteilung Für ihre Recherchen haben SWR und BR Angaben zum Ausgang dieser Verfahren in den Innen- und Justizministerien aller Bundesländern abgefragt, soweit erforderlich auch von einzelnen Staatsanwaltschaften. Diese Erhebungen zeigen nun, dass nur in wenigen Fällen Haft- oder Geldstrafen verhängt wurden. Bei 2.558 Angriffen kam es in 206 Fällen zu Haft- oder Geldstrafen, das sind weniger als zehn Prozent (8,0 Prozent) der Fälle.

Soziologe Quent: Vertrauen in den Rechtsstaat auf die Probe gestellt Matthias Quent, Soziologe und Gründungsdirektor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena, betont gegenüber der „Story im Ersten“, dass fremdenfeindliche oder menschenverachtende Motive oft nicht strafverschärfend vom Gericht herangezogen würden: „Man scheut hier womöglich die Auseinandersetzung mit den ideologischen politischen Tatmotiven. Es ist hochproblematisch, wenn Richter und Staatsanwälte das, was die Gesetzgebung als Reaktion auf die gewachsene Gefahr von rechtsextremer Gewalt vorgesehen hat, nicht umsetzen. Das stellt für Betroffene das Vertrauen in den Rechtsstaat auf die Probe.“ Die Erhebung von SWR und BR zeigt auch regional auffällig große Unterschiede, was den Verfolgungsdruck bei diesen Straftaten betrifft: In Baden-Württemberg wurden 64 Prozent der ermittelten Täter verurteilt, in Brandenburg dagegen nur 26 Prozent.

Verfahren häufig eingestellt – kein hinreichender Tatverdacht? Häufig wurde die Einstellung solcher Verfahren mit Paragraf 170, Absatz 2 der Strafprozessordnung begründet: Für Staatsanwaltschaft oder Gericht waren die Beweise nicht ausreichend um den Täter zu überführen.

Sendung:

„Die Story im Ersten – Der schwache Staat. Wenn Polizei und Justiz es Rechtsextremisten leicht machen“, Montag, 6. April 2020 um 22:45 Uhr im Ersten

ARD Mediathek: Sendung ab 5. April 2020 für ein Jahr verfügbar unter www.ARDmediathek.de

Weitere Informationen unter: http://swr.li/das-erste-doku-der-schwache-staat sowie unter https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/se ndung/der-schwache-staat-100.html)

Fotos unter www.ARD-foto.de

Newsletter „SWR vernetzt“ http://x.swr.de/s/swrvernetztnewsletter FÜR EUCH DA#ZUSAMMENHALTEN

Pressekontakt SWR: Bruno Geiler, Tel. 07221 929 23273, bruno.geiler@swr.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/75892/4564922 OTS: SWR – Das Erste

Original-Content von: SWR – Das Erste, übermittelt durch news aktuell

Weitere Themen

Letzte Chance zur Bewerbung für den German SDG-Award 2023 & UNIDO Innovation Award bis zum 2. Oktober

Der German SDG-Award wird in offizieller Partnerschaft mit der UN-Organisation UNIDO verliehen. Der Senat der Wirtschaft Deutschland und die...

Zukunftsexperte kritisiert scharf „politische Superlative“

Einer der führenden Zukunftsanalytiker und Kommunikationsexperten in Deutschland hat die zunehmende "Superlativierung" der politischen Sprache deutlich kritisiert.

BildIn einem kurzen Fachartikel äußert Dr. Klaus-Ulrich Moeller, langjähriger Kommunikationschef großer Konzerne, Kritik an den "oft überzogenen" und "zunehmend unglaubwürdigen" Hyper-Versprechen der Politik. "Arbeitsminister Hubertus Heil verspricht uns das modernste Einwanderungsgesetz in Europa, von früher kennen wir die Verheißungen, wir würden weltweit führend in der Künstlichen Intelligenz, der Digitalisierung sowieso werden und irgendwann hätten wir das beste Bildungssystem Europas oder der Welt. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit massiv", sagt der Zukunftsanalytiker, "wenn all das unten beim Bürger nur ankommt als geschlossene K

Für mehr Sicherheit in dunkler Jahreszeit: Deutsche Umwelthilfe fordert Tempo 30 in deutschen Städten und Gemeinden – und ruft zu „Tempo 30 selber machen“...

Berlin Beginn dunkler Jahreszeit erhöht Unfallrisiko: Tempo 30 ist kostengünstige Maßnahme für mehr Sicherheit im Straßenverkehr, weniger Lärm...

EU-Verbrennerverbot macht Druck auf Hersteller und Politik

Berlin Der EU-Beschluss zum Verbot von Neuzulassungen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 ist aus Sicht des ACE, Europas...